Liebe Anwesende,
vor vielen Jahren mussten Senioren, die auf Hilfe angewiesen waren in Heimen untergebracht werden, weitab von ihrer Heimatgemeinde, in Regionen, die sie nicht kannten und ihnen fremd waren. Es gab einfach zu wenig Seniorenheime in der Vorderpfalz. Die Reaktionen der Betroffenen sind mir heute noch in Erinnerung, da ich zeitweise beim Landratsamt Speyer zuständig war für Hilfe in besonderen Lebenslagen. Abschiednehmen von dem Heimatort in dem man aufgewachsen ist, gearbeitet hat und sein Leben verbrachte, von Angehörigen, Freunden und Bekannten, das fiel allen sehr schwer. Besuch bekamen sie selten. Wie man dies empfindet, kann ich nach acht Wochen Krankenhaus und Reha Aufenthalt nachvollziehen.
Nach meinem Amtsantritt als Bürgermeister stellte ich bei Gesprächen mit den Senioren, in der Regel bei Geburtstagen, fest, dass viele Alleinstehend sind oder die Angehörigen tagsüber arbeiteten. So Mobil, dass sie an den Veranstaltungen der Vereine und Kirchengemeinden teilnehmen konnten, waren manche auch nicht mehr. Essen auf Räder, war oft das einzige was Abwechslung brachte. Tagespflege gab es noch nicht. In einem Gespräch berichtete mir Frau Starlinger, dass in Weil am Rhein, wo ihre Tochter wohnt, für Senioren ein Treffpunkt eingerichtet sei, bei dem sie auch gemeinsam mit Ehrenamtlichen ihr Essen zubereiteten und den Tag verbrachten. Mit einigen Interessierten besuchten wir diese Einrichtung. Von der Idee waren wir begeistert, aber nicht von der Unterkunft und dem Angebot.
Ich führte 1991 Gespräche mit dem MP Scharping sowie dem Sozialministerium und konnte die Betreffenden überzeugen, dass ein Angebot für Senioren für den Tag erforderlich sei. Am 4. Nov. 1991 wurde der Gemeinde dieses Grundstück mit einer Villa und einer Fläche von 6250 qm angeboten, auf dem sich mehrere Brunnenanlagen mit besonderen Bäumen und Sträuchern befanden. Ein sehr schönes Areal. Der HA sollte am 14.11.1991 über das Angebot beraten. Am 12.11.1991 erkundigte sich ein Bauträger bei der Verwaltung wegen der Erschließung des Grundstückes und sagte, dass er das Anwesen erwerben wird. Deshalb lud ich nachmittags den GR zu einer Sitzung für den Abend ein und dieser beschloss den Erwerb dieses Grundstückes. Die Eigentümer zu bewegen der Gemeinde statt dem Bauträger das Areal zu veräußern war nicht einfach. Wir mussten diese von allen Forderungen des Bauträgers freistellen.
Nachdem die Ökumenische Sozialstation Böhl-Iggelheim bereit war die Tagespflegestätte im Auftrag der Gemeinde zu betreiben waren viele Fragen zu klären, da es keine Regelungen für eine solche Einrichtung gab.
Ich wusste, dass Modellprojekte vom Bund gefördert werden. Theo Magin, damals Bundestagsabgeordneter, organisierte auf meinen Wunsch beim Bundessozialminister Blüm im Juni 1992 einen Termin bei dem uns eine Förderung in Aussicht gestellt wurde. Am 10.September 1993 hat der Bund für das Pilotprojekt „Verbesserung der Situation der Pflegebedürftigen im ländlichen Bereich einen Zuschuss von 1 Mio. DM für 15 Tagespflegeplätze mit der Auflage bewilligt, dass die Einrichtung 30 Jahre betrieben werden muss. Wissenschaftlich begleitet wurde das Pilotprojekt während der dreijährigen Modelllaufzeit vom Kuratorium Deutsche
Altershilfe, die auch in die Planung mit einzuziehen war. Das Land gewährte 300 000 DM und der Landkreis 400 000 DM. Ergebnis des Pilotprojektes war, dass eine Tagespflegestätte nicht kostendeckend betrieben werden kann. Deshalb bemühten wir uns später um eine Ergänzung durch Kurz- und Vollstationäre Pflege.
Nach dem Umbau des Anwesens wurde die Einrichtung am 1.6.1995 durch die Sozialstation in Betrieb genommen. Die Entgelte mussten mit den Krankenkassen vereinbart werden.
Insgesamt wurden in dieses Projekt 4 Mio. investiert, wovon die Gemeinde 2,3Mio mit Krediten finanzierte.
Beim Neujahrsempfang wird jeweils die Verschuldung der Gemeinde zum Ende meiner Amtszeit dargestellt und die Tilgungen, die danach erfolgten.
Welche bedeutenden Maßnahmen z.B. die Tagespflegestätte, Wahagnieshalle, Kindergärten, Schulgebäude in Iggelheim mit Pausenhalle und Dorfplatz, Schulturnhalle Böhl, Baukostenzuschuss für 24 Wohnungen des KWV im Kirchgraben, Grundstücke für junge Familien und viele andere mit den Krediten finanziert wurden, bleibt unerwähnt. Ebenso die Entwicklung des Vermögens der Gemeinde.
Heute können alle stolz sein, die damals meinen Vorschlag eine Tagespflegestätte einzurichten und später die Erweiterung durch Kurz- und Vollstationäre Pflege unterstützt haben. Weitsichtig war die Entscheidung und hat heute durch die Pflegereform noch mehr Bedeutung als damals erlangt.
Die Besucher sollen sich hier wohlfühlen wie zuhause und die Mitarbeiterinnen gerne hier arbeiten. Dies ist mein Wunsch. Deshalb engagiere ich mich auch im Heimbeirat und habe für alle Anliegen ein offenes Ohr und stehe immer mit Rat und Tat zur Verfügung.
Herzlichen Dank, dem Eigentümer und Betreiber der Einrichtung, der Geschäftsführung, dem Einrichtungsleiter, der Leiterin der Tagespflegestätte und ihrem Team für die liebevolle Versorgung der Besucher.